Sonntag, 31. Dezember 2017

Inferno in Zolchow

Mai 1945 - "Ich kann nicht mehr leben in diesem geschändeten Haus, ich helfe mir selbst."

Otto Bading der Jüngere (gest. 1945) in Zollchow (Wiki) und Otto Bading (1906-1979) in Bahnitz lebten mit ihren Familien etwa 20 Kilometer voneinander entfernt in Bauerndörfern im Elb-Havel-Winkel, bzw. im Westhavelland. Sie waren nicht nur Namensvettern, sondern auch richtige Vettern, genauer gesagt: Halbvettern.*) Der Bahnitzer Otto Bading war der Opa des Verfassers dieser Zeilen. Beide Vettern werden so ziemlich gleichen Jahrgangs gewesen sein. Sie hatten denselben Großvater Bading aus Bahnitz. Sie waren beide Bauernsöhne und Hoferben.  

Abb. 1: Konfirmation von Elfriede Bading, der jüngeren Schwester von Otto Bading auf Hof Nr. 5 in Bahnitz im Jahr 1927 - Die Zollchower Verwandtschaft ist vollständig versammelt**)

Der Bahnitzer Otto hatte sich seine Frau Johanna aus Zollchow geholt (die Oma des Verfassers dieser Zeilen). Dort hatte er sie - vermutungsweise - während eines Besuches oder auf einer Familienfeier kennen gelernt. Wenn es Familienfeiern gab - wie Taufen, Konfirmationen, Hochzeiten oder Sterbefälle - kamen beide Familien zusammen, einmal in Zollchow, einmal in Bahnitz (Abb. 1). 

Von einer solchen Familienfeier hat sich in Familienalben ein Foto erhalten (Abb. 1). Der Autor dieser Zeilen hatte dieses Foto immer als eine harmlose Fotografie erachtet. Er hatte bis heute - bis zum Jahr 2017 - nicht gewußt, welch schweres Schicksal eine der darauf abgebildeten Familien im Jahr 1945 in Zollchow erlebte.

Der Zollchower Otto hatte in den 1920er Jahren den Hof seines Vaters übernommen. Nach 1933 war er in Zollchow Ortsbauernführer geworden. Der Bahnitzer Otto hat ebenfalls den Hof seines Vaters übernommen und war nach 1933 Ortsgruppenleiter, Amtsvorsteher und Bezirksbauernführer in Bahnitz geworden. Und das Schicksal des Zollchower Otto Bading, seiner Ehefrau und seiner beiden minderjährigen Kinder im Mai 1945 lassen erahnen, was auch dem Bahnitzer Otto Bading, dem Opa des Verfassers dieser Zeilen, sowie seinen damals minderjährigen Kindern im Mai 1945 in Bahnitz hätte widerfahren können, wenn sich der Bahnitzer Otto Bading zum Zeitpunkt des Einmarsches der Roten Armee nicht in französischer Kriegsgefangenschaft befunden hätte, sondern zu Hause auf seinem Hof in Bahnitz im Elb-Havel-Winkel. 

Über das Schicksal des Zollchower Otto Bading und seiner Familie berichtet der letzte Gutsherr von Zollchow, der Leutnant a. D. Martin von Katte (1896->1987), in seinen Erinnerungen (1). Der Name von Katte hat in unserer Familie einen guten Klang. Unsere Oma Johanna Bading (1911-1985), geborene Bleis, die in Zollchow als Halbbauern-Tochter geboren und aufgewachsen war (5), hat oft von den Katte's gesprochen. Der Name von Katte wurde von ihr bis an ihr Lebensende mit Hochachtung genannt. Wenn sie Ilse von Bredows "Kartoffeln mit Stippe" las, dachte sie wohl immer an ihre Zollchower Gutsfamilie von Katte, die einen ähnlich historischen Namen hatte wie die Bredows und in der ähnliche Mentalitäten mögen vorherrschend gewesen sein. 

Inferno in Zollchow

Dem Gutsherrn Martin von Katte (1896->1987) gelang es noch Anfang April 1945, sich und seine Familie mit einem LKW von Zollchow aus in das Jagdhaus des Großvaters in den Harz bei Quedlinburg abzusetzen (1, S. 124). Seine Mutter Katharina, geborene Hoth (1874-8.5.1945) (Stammreihen), hatte in Zollchow zurück bleiben wollen. Das vormalige polnische Hausmädchen Christina kam nach dem Einmarsch der Russen noch einmal in den Harz, um sich noch ein Zeugnis ausstellen zu lassen, bevor sie in ihre Heimat in Polen zurück kehrte. So etwas also gab es auch. Martin von Katte erfuhr von ihr, was sich nach der Besetzung in der Nacht vom 5. auf den 6. Mai 1945 durch die Rote Armee (s.a. 4) in Zollchow zugetragen hatte (1, S. 156):

Christina brachte Nachricht vom Tode meiner Mutter am 8. Mai; Christina berichtete zögernd, der Reihe nach. Wie die alte Dame am Fenster stand, als die beiden Granaten in unser Hausdach schlugen und auch wie unsere Hofrussen Abschied nahmen. (...) Des Nachts rollten die Sowjetpanzer durch das Dorf. Denunziert wurde nach Gut- und Schlechtdünken, dazu genügen wenige Personen. Den Herrn Bauernführer führte man ins Spritzenhaus; nach schwerer Folterung wieder freigelassen, wankte er über die Straße zurück ins Haus und erschoß seine schöne, schwer verletzte Frau und seine Kinder, ehe er die Flinte gegen sich selbst richtete. Daraufhin haben auch seine Schwiegereltern, die um zwei Hofstellen weiter wohnenden würdigen Windmüllersleute, ihr Leben beschlossen.

Diese Schwiegereltern waren das Ehepaar Schwarzlose (2). Sie haben sich in einer nahegelegenen Schonung an Bäumen aufgehängt. Alles das geschah am 7. Mai 1945. Und all das erinnert sehr an das Schicksal der Familie Zander, die sich vier Tage später in Nitzahn das Leben nehmen sollte (4). Von diesen Schicksalen wurde in der Bahnitzer Familie Bading, in der schon manches aus dem Erleben des Mai 1945 sehr genau erzählt wurde (4), nie so erzählt, daß das Angehörige der Enkelgeneration mit Bewußtsein wahrgenommen hätten. Es war wahrscheinlich in den Erzählungen schon präsent, wurde aber nur so angedeutet, daß es die Enkel gar nicht in seinen furchtbaren Dimensionen mitbekommen haben. Für diese waren auch die örtlichen und verwandtschaftlichen Verhältnisse zwei Generationen vor ihnen zu verwirrend, um für solche Andeutungen Interesse zu entwickeln.

Jedenfalls muß der Autor dieser Zeilen erst im Dezember 2017 diese Erinnerungen Martin von Katte's in die Hand bekommen, um zu erfahren, was die beiden vorigen Generationen in der Familie als traumatischstes Erleben offensichtlich mehr beschwiegen haben als daß sie darüber redeten. Oma Johanna Bading (1911-1984), als Bleis geboren in Zollchow, hatte sich mit ihren Kindern noch am 6. Mai in Zollchow befunden, wo sie mit vielen anderen Zollchowern sich in der Nacht zuvor im Wald eingegraben hatte (4). Sie fuhr aber noch am gleichen Tag mit dem Pferdefuhrwerk zurück ins ebenfalls von der Roten Armee besetzte Bahnitz (4). So wird sie von dem Schicksal ihrer angeheirateten Verwandten und der alten Gutsherrin in Zollchow auch erst Tage oder Wochen später erfahren haben zusammen mit so vielem anderen, was man in dieser Zeit erlebte und erfuhr. Von  so vielen Dörfern hörte man ja ähnliches. Vielleicht auch erst fünfzig Jahre später stand in der Zeitung lesen, welche schrecklichen Ereignisse sich etwa in dem Dorf Mögelin südlich von Rathenow ereigneten. So auch in Zollchow auf der anderen Seite der Havel. Martin von Katte schreibt weiter (1, S. 156f):

Den Gastwirt, der, im Verdacht, Zigaretten verschoben zu haben, Todfeinde hatte, führte man großartig vor das Kriegerdenkmal und erschoß ihn. Christina nannte noch andere, die in jenen Tagen Abschied nahmen.

Bei dem Gastwirt handelte es sich um Alwin Rahne (2). Martin von Katte's 72-jährige, schwerhörige Mutter sei ihres Hauses verwiesen worden, habe im überfüllten Haus des Gutsverwalters John gewohnt, habe im Garten Maiblumen gepflückt und diese in die Häuser der Bauern auf die Tische gelegt. Womöglich blieb ihr nicht mehr zu tun, da es auch kein ordentliches Begräbnis für die vielen ums Leben gekommenen Menschen allen Alters und Geschlechts gab in jenen Tagen:

Am dritten Tag, dem Dienstag, sah man die alte Dame zur Grille gehen wie seit Jahren zu gewohnter Stunde im gewohnten Lodenmantel (...) zwischen den frischen Schützenlöchern hindurch - nur daß sie einige Male stehen blieb und auf das Dorf zurück blickte.

"Grille" ist ein Ortsteil von Zollchow, der von der Familie von Katte im 19. Jahrhundert als Schäferei begründet wurde.***) Auf dem Grab ihres Ehemannes habe sie sich dann das Leben genommen. In ihrer Manteltasche habe sich ein Brief gefunden, der mit den Worten begann:

"Ich kann nicht mehr leben in diesem geschändeten Haus, ich helfe mir selbst."

Nach dem Freitod ihres Bruders Otto Bading und seiner Familie war nun Maria Hufschläger (gest. 2002) Hoferbin. Da der Hof aber über 60 Hektar Land besaß, wurde das Land noch im Sommer 1945 im Rahmen der Bodenreform eingezogen - ebenso wie das Gutsland von Katte und das Land des Grafen von der Recke (3, S. 23), der das Jagdschloß gekauft hatte. Maria Hufschläger wurde also sehr frühzeitig enteignet. Es liegen noch viele ihrer Eingaben vor, in denen sie gegen diese Enteignung in den Jahren 1945 bis 1948 Einspruch erhob, und erneut 1990 - immer ohne Erfolg. Ihre Familie und ihre beiden Kinder blieben in Zollchow wohnhaft bis nach 1990 ("Tante Mariechen Hufschläger").

Die Erinnerungen des Martin von Katte

In den Erinnerungen des Martin von Katte (1896->1987) finden sich auch sonst wertvolle Angaben zur Geschichte des Dorfes Zollchow und seiner Bauernfamilien während der 1930er und 1940er Jahre (1). Überhaupt lernt man in ihnen besser die Lebensverhältnisse in dieser Gegend kennen, insbesondere aus Sicht einer alt eingeborenen Adelsfamilie.

Einstweilen ist uns ansonsten über die Zollchower Badings nicht sonderlich viel bekannt. Der Hof dort hatte 66 Hektar Land, während der Bahnitzer Hof 44 Hektar hatte. Dementsprechend gab es schon während des Ersten Weltkrieges auf dem Bading'schen Hof in Zollchow 30 Kriegsgefangene. Zum Vergleich: auf dem Gutshof von Katte gab es 16 und auf dem Forsthof des Gutes von Katte gab es 13 (2). Ähnlich könnte es dann im Zweiten Weltkrieg gewesen sein, so daß der Hofinhaber, der zugleich Ortsbauernführer war, natürlich für viele Kriegsgefangene eine besondere Bedeutung gehabt haben wird in Zollchow. 

Während des Ersten Weltkrieges waren Otto Bading aus Zollchow (Abb. 1 oben rechts) und ein Wilhelm Bading aus Zollchow als Soldaten eingezogen, ebenso wie der Bahnitzer Vetter Gustav Bading und ebenso wie in Zollchow der Gutsbesitzer Georg von Katte und sein Sohn Martin von Katte (1896->1987) (2). Ebenso auch der spätere Zollchower Schwiegervater des Bahnitzer Otto Bading, nämlich Wilhelm Bleis. Martin von Katte kehrte als schwer verletzter Leutnant a. D. der Fliegertruppe aus dem Krieg nach Hause. Dort lebte er anfangs unter verarmten Verhältnissen (1). Der Forsthof des Gutes hatte verkauft werden müssen.

Der "jüngere" Zollchower Otto Bading heiratete - vielleicht schon in den 1920er Jahren - eine Helene Schwarzlose aus Zollchow, die dort nur zwei Höfe weiter aufgewachsen war. Das Ehepaar hatte zwei Kinder. Der Bahnitzer Vetter und Namensvetter Otto Bading (der Opa des Autors dieser Zeilen) heiratete 1932 Johanna Bleis aus Zollchow (5), die er vielleicht bei einem Verwandtenbesuch oder auf einer Familienfeier seiner Zollchower Verwandten kennengelernt hatte.

Über den Zollchower Gutshof wird berichtet (2):

Der Gutshof lag an der Nordostecke des Dorfes und war durch eine höhere rote Ziegelmauer vom Umfeld getrennt. Durch zwei Tore kam man auf die Anlage; der Hauptzugang erfolgte vom Ort aus; über das zweite Tor hinter den Viehställen zur Straße nach Vieritz am Kriegerdenkmal hin erreichte man kürzer die Grille*). (...) Erst 1926 übernahm Leutnant Martin von Katte das ganze Gut wieder.

Martin von Katte lebte geistig in den Traditionen seiner Vorfahren und im Adelsbewußtsein der Familie von Katte, die auch preußisches Offiziersbewußtsein mit einschloß (1).

Martin von Katte brachte einen Hauch von "großer Literatur" nach Zollchow

Im Zweiten Weltkrieg tat er beispielsweise Dienst in Finnland und lernte dort den General Dietl (1890-1944) (Wiki) persönlich kennen, von dem er mit großer Hochachtung schreibt. Auch fühlte sich Martin von Katte der Pflege der deutschen Sprache verpflichtet und veröffentlichte Gedichte. Aufgrund solcher Interessen und adliger, verwandtschaftlicher oder gutsnachbarlicher Verbindungen war er befreundet, bekannt oder verwandt mit vielen Menschen aus dem damaligen Literaturleben Deutschlands. In seinen Erinnerungen (1) werden Namen genannt wie Rudolf Alexander Schröder, Börries von Münchhausen, Karl Wolfskehl, Friedrich Franz von Unruh, Hermann Graf von Keyserling, Ernst Jünger und Wolf Jobst Siedler (s. a. Amazon 1978, Der Spiegel 1982, Die Welt 2000, PNN 2004). Von diesen weilten auch viele zu Besuch in Zollchow, besuchten als Taufpaten der Kinder Martin von Kattes die Zollchower Kirche.

In seinen Erinnerungen (1) erwähnt Martin von Katte nun auch mehrmals den Zollchower Bauern und Ortsbauernführer Otto Bading. Von Katte's zweiter Sohn "Petz" (Bernhard Heinrich von Katte), der 1941 vier Jahre alt war, der aber schon mit 10 Jahren 1947 an Diphterie sterben sollte, ging damals vom Gutshaus aus selbständig auf Wanderschaft im Dorf (1, S. 38f):

Mit der Zeit kam er in die meisten Häuser, hielt Vorsprache auch in den vornehmsten der Bauern Witthuhn, Wenzlau, Hübner und Bading. Bisweilen bekamen wir frohe Botschaft: "Gestern war Petz bei uns, das ist aber einer!"

Es wird auch über den "Bauer Berendt, genannt der Löwe," berichtet, "dessen Haus seit zwei Generationen der Gutsherrschaft gram war", und der wegen eines zu flickenden Loches im Zaun angemahnt worden war, das neben den Hausgänsen auch der kleine Petz benutzen würde:

Der Weißbärtige brauste nicht auf, sondern murmelte einlenkend: "Der kann auch vornherum kommen."

Über den Gutsnachbarn Günther von Kluge (1882-1944) (Wiki) aus Böhne wird von Martin von Katte für die Jahre 1942 oder 1943 berichtet (1, S. 105):

Eines Vormittags sagte sich der Nachbar aus Böhne an. Herr von Kluge kommt über die grüne gemeinsame Grabengrenze. Er ist Oberbefehlshaber des Heeres Mitte im Osten, doch jetzt geht es um komplizierte Fragen der Wassergenossenschaft. Ich bat unseren Schriftführer Otto Bading herüber, der zugleich "Ortsbauernführer" ist. Der meldet sich nach klärender Besprechung mit den Worten ab: "Herr Feldmarschall, wat wärt'n nu? Wi mütten uppassen." Auch mit dem Kreisbauernführer Hermann Mosow in Tuchheim (...) bestand Einvernehmen. (...) Bei einer Begegnung in der Waldstille (...) bremste er scharf, sprang aus dem Auto, um meine Hand vertraulich zu nehmen: "Katte, jlaubste noch?" Ein klar zweideutiges "Ja". Wortlos aufmunternder Abschied.

Hier ging es wohl um den Glauben an den "Endsieg". Der war für den Bahnitzer Otto Bading ja schon spätestens 1941 fragwürdig geworden. Dieser war 1941/42 seiner Ämter enthoben und zum Kriegsdienst eingezogen worden.

Nackter Materialismus nach 1945

Das Gutshaus von Katte wurde 1948, das Jagdschloß, bzw. Forsthaus von Katte, das einen Kilometer südlich des Dorfes in schönem Mischwald lag, wurde 1949 abgerissen (3, S. 28). Liest man die Erinnerungen des Martin von Katte (1) und hält sie zusammen mit so vielen anderen Erinnerungen von Angehörigen des ostelbischen Adels aus jener Zeit, wird einem erst bewußt, wie viel Kultur und Kulturbewußtsein damals insbesondere mit den märkischen Adelsfamilien vernichtet oder vertrieben worden ist. 

Fast möchte man sagen: Das Land Brandenburg hat mit ihnen sein Gesicht verloren. Und dieses Gesicht ist auch nach 1990 nicht wiederhergestellt worden, da die Enteignungen ja nicht rückgängig gemacht worden sind.

Auch in Zollchow gingen zudem viele der großen Bauern 1953 in den Westen. Auch diese Abwanderung der großen Bauern bedeutete eine starke Gesichtsveränderung für die Länder östlich der Elbe. Die Menschen haben sich in vierzig Jahren Kommunismus in ganz andere Lebensverhältnisse hinein gefunden als im Westen. Jahrzehnte lange Gewöhnung nutzt die Seelen ab, ob man unter dem kapitalistischen Materialismus des Westens oder unter dem kommunistischen Materialismus des Ostens lebte. 

Und bis heute wird über das erschütternde Geschehen bei Kriegsende mehr geschwiegen als gesprochen. Dabei hilft Austausch innerhalb der Gemeinschaft und gegenseitige Anteilnahme bei der Trauma-Verarbeitung (6).

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*) Bei den Zollchower Verwandten handelte es sich um den Halbbruder, bzw. den Vetter der Bahnitzer Badings. Zur Erläuterung dieser Verwandtschaft: Der Großvater von Otto Bading (1906-1979) in Bahnitz, der 1901 gestorbene Friedrich Wilhelm Bading, hatte nach dem Tod seiner ersten Ehefrau ein zweites mal geheiratet. Aus dieser Ehe war Otto Carl Friedrich Bading (1873->1927) hervorgegangen, der die Tochter des Bauern Wernicke in Zollchow geheiratet hatte und der dort den 66 Hektar großen Hof der Wernickes übernommen hatte. 1927 ist dieser - vermutlich zusammen mit seinen Kindern und Enkelkindern - als älterer Herr auf einer Familienfotografie oben rechts zu sehen (Abb. 1), die aus Anlaß der Konfirmation der zweijüngsten Tochter Elfriede seines Halbbruders Gustav Bading (1870-1941) (Abb. 1 oben rechts) in Bahnitz entstand. - Dieser Zollchower Otto Bading der Ältere hatte zwei Kinder: Otto Bading und Marie, spätere in Zollchow verheiratete Hufschläger. Womöglich sind diese auch noch auf der Familienfotografie in Abb. 1 zu sehen, aber sie können einstweilen nicht sicher zugeordnet werden. 1927 hatte der Bahnitzer Otto Bading als Arbeiter in Sachsen die NSDAP kennen gelernt und war Mitglied in ihr geworden. Vermutlich ist auch sein Vetter und Namensvetter in Zollchow um diese Zeit in die NSDAP eingetreten.
**) Zur Konfirmation von Elfriede Bading (spätere nach Ingolstadt verheiratete Puhlmann - Tante "Elfriedchen", geboren 1913), die vorne Mitte-links neben ihrer Schwester Emma Lindenberg (Wusterwitz) steht, war viel Verwandtschaft in Bahnitz vor der Haustür von Hof Nr. 5 versammelt und ließ sich fotografieren: Tante Emma (Lindenberg, Wusterwitz) ist in der vordersten Reihe die dritte von links, ihre Schwester Elfriede die vierte von links. Ganz rechts in der vordersten Reihe steht ihrer beider Schwester Lucie. Und in der Mitte zwischen ihnen ihr Bruder Otto. Die Mutter von den vieren, Emma Bading, geborene Mohr, steht hinter Elfriede, der Vater der vier, Gustav Bading, steht ganz oben rechts. Neben ihm links steht sein Halbbruder, der Zollchower Otto Bading. - Dem Alter nach könnte der junge Mann rechts der Konfirmandin der Sohn des Zollchower Otto Bading, wiederum ein Otto Bading sein. Vor ihm könnte seine Frau Helene (geb. Schwarzlose) und ihre zwei Kinder stehen, rechts hinter ihm seine Mutter (geb. Wernicke). (Der alte Mann mit Bart ganz rechts war wohl der Stiefvater von Emma Bading, geb. Mohr, mit Familiennamen Meinecke aus Bahnitz.)
***) Jemand sagte: "Ach, das ist auch wieder so eine Grille von dem von Katte." Und dieser gab daraufhin der Schäferei diesen Namen (1).
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  1. von Katte, Martin: Schwarz auf Weiß. Erinnerungen eines Neunzigjährigen. Wolf Jobst Siedler Verlag, Berlin 1987
  2. Geffert, Hans-Joachim: Zollchow - Eine unvollständige Chronik. Nach Notizen der Lehrer Fritz Geffert und August Brand. 2011, http://www.milow.de/verzeichnis/visitenkarte.php?mandat=187048 
  3. Anft, Gisela: Chronik Zollchow, 1993, http://www.milow.de/verzeichnis/visitenkarte.php?mandat=187048 
  4. Bading, Ingo: Der 4. Mai 1945: Das Kriegsende in den Dörfern des Havelbogens Möthlitz, Kützkow und Bahnitz - Eine regionale Studie zu den letzten Kämpfen des Zweiten Weltkrieges. Auf: Studium generale, 7. August 2011, http://studgendeutsch.blogspot.de/2011/08/der-4-mai-1945-das-kriegsende-in-den.html
  5. Bading, Ingo: Bauern, Büdner, Häusler, Grenadiere und Kuhhirten - Meine Oma und ihre Vorfahren aus dem Dorf Zollchow im Havelland. Preußenblog, 30. September 2017, http://preussenlebt.blogspot.de/2017/09/bauern-budner-hausler-und-kuhhirten.html 
  6. An evolutionary theory of moral injury with insight from Turkana warriors. Matthew R. Zefferman, Sarah Mathew. In: Evolution and Human Behavior, Available online 16 July 2020, https://doi.org/10.1016/j.evolhumbehav.2020.07.003, https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S1090513820300829

1 Kommentar:

  1. Durch Zufall stoße ich auf diese Seite und lese mit besonderem Interesse obige Schilderungen, da die Eltern meiner Frau aus Protzen stammen, geflüchtet in den Westen 1954, kenne Landschaft und Geschichte deshalb... . Sollte in einem größeren Rahmen der Öffentlichkeit bekannt gemacht werden, ähnliche und viel schlimmere Vorgänge kann ich aus den Sudetengebieten 1945 berichten, hier wie dort Völkermord! Zu der Stalinfrage gibt es demnächst eine Studie von mir mit einer entsprechenden, erklärenden Antwort... .

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